„Mein Herz schlägt für Football!“ Nadine Nurasyid über Leidenschaft, Coaching und Football als Lebensweg
Anfänge und Motivation im American Football
- Kannst du uns etwas über deinen sportlichen Werdegang erzählen und wie du zum American Football gekommen bist?
Mein Weg zum American Football war eher unkonventionell. Bei einem GFL-Spiel der Munich Cowboys wurde ich von den Munich Cowboys Ladies angesprochen. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits 27 Jahre alt und stand dem Ganzen zunächst skeptisch gegenüber.
Ein Jahr hat es gedauert, bis ich mich schließlich entschied, an einem Probetraining teilzunehmen. Aber als ich dort war, hat es mich komplett gepackt. Von diesem Moment an hat American Football mein Leben und meinen Lebensweg nachhaltig geprägt und beeinflusst. Der Sport hat mir nicht nur eine neue Leidenschaft geschenkt, sondern mich auch persönlich weiterentwickelt.
- Was motiviert dich täglich, im Bereich des American Footballs tätig zu sein, und was fasziniert dich an diesem Sport?
American Football ist für mich die spannendste und faszinierendste Sportart der Welt. Jeder Tag birgt neue Herausforderungen, und es gibt immer etwas zu lernen. Sport im Allgemeinen erlaubt es einem, sich fallen zu lassen und sich von Gleichgesinnten umgeben zu wissen. Man durchlebt gemeinsam eine emotionale Achterbahn, und die dabei geschlossenen Freundschaften halten ein Leben lang.
Was American Football so besonders macht, ist die Vielfalt innerhalb eines Teams. Es gibt nicht den einen Prototypen. Jeder Körpertyp, jeder Charakter und jede physische und psychische Fähigkeit wird gebraucht. Auf den ersten Blick mag es wie ein großes Chaos erscheinen, aber tatsächlich ist alles bis ins kleinste Detail choreographiert.
Nicht nur die Spieler, auch die Coaches sind hochspezialisiert und arbeiten gemeinsam für das große Ganze. Diese Mischung aus athletischer und kognitiver Herausforderung macht den Reiz dieses Sports aus. Und natürlich darf man nicht vergessen, dass jeder Spieltag ein echtes Spektakel ist – Football bietet auch abseits des Platzes jede Menge Unterhaltung.
Herausforderungen und Nachwuchsförderung
- Welche Herausforderungen begegnest du als Frau in einer überwiegend von Männern dominierten Sportart?
Die größten Herausforderungen in diesem Sport liegen in der Führung und Zusammenarbeit mit so vielen unterschiedlichen Menschen. Football verlangt täglich, dass man als Coach das Beste aus jedem einzelnen herausholt und das Team als Ganzes weiterentwickelt.
Ich habe im American Football viel Toleranz erfahren, und am Ende des Tages zählt die Kompetenz – das Geschlecht spielt dabei keine Rolle. Natürlich gab es auch andere Situationen, in denen ich mich beweisen musste, aber das ist Teil des Spiels. In diesen Momenten sind Durchsetzungskraft und Überzeugung gefragt. Grundsätzlich gilt es zukünftig den Frauen mehr Einstiegsmöglichkeiten zu bieten und strukturell zu unterstützen.
- Welche Rolle spielt die Nachwuchsförderung im American Football, und wie kann man junge Talente am besten unterstützen?
Die Nachwuchsförderung ist der Grundstein für jede Sportart und den Erfolg im American Football jetzt und vor allem zukünftig. Ich habe jahrelang für den Verband Football-Coaches ausgebildet, darunter auch viele Jugend Coaches. Talententwicklung und -förderung ist essenziell, insbesondere in der athletischen Grundausbildung.
Hier haben wir noch viel Potenzial, das es auszuschöpfen gilt. Als Head Coach der GFL-Mannschaft war ich stets im engen Austausch mit den Jugend Coaches. Es ist wichtig, Talente frühzeitig zu erkennen und in ihre Entwicklung zu investieren. Nur so können wir sicherstellen, dass der Nachwuchs den hohen Anforderungen des Sports gerecht wird und sich die Sportart weiterentwickelt.
Ein Blick in die Zukunft des American Football
- Was sind deine Gedanken zum wachsenden Interesse an American Football in Deutschland und Europa?
Ich finde es großartig, dass American Football in Deutschland und Europa immer mehr an Aufmerksamkeit gewinnt. Es ist wunderbar zu sehen, wie meine Leidenschaft für diesen Sport von immer mehr Menschen geteilt wird. Immer mehr Menschen verfolgen die NFL und verbringe gemeinsame Sonntagabende vor dem TV.
Mit dem wachsenden Interesse steigen auch die Zahlen der Spielerinnen und Spieler, was wiederum zu einem besseren Wettbewerb und höherer Kompetenz führt. Auch Sponsoren werden dadurch auf den Sport aufmerksam, was für die weitere Entwicklung von entscheidender Bedeutung ist. Der Football schreibt einfach großartige Geschichten, und es freut mich, dass immer mehr Menschen diese Geschichten miterleben möchten.
- Wer gewinnt deiner Meinung nach den nächsten Super Bowl 2025 in New Orleans?
Diese Frage noch vor Saisonbeginn zu beantworten, ist wie in eine Glaskugel zu schauen. Aber ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster und sage, dass die Kansas City Chiefs die ersten in der Geschichte der NFL sein werden, die den dritten Super Bowl in Folge gewinnen. Es wäre ein historischer Moment und ich denke, sie haben das Zeug dazu, dieses Kunststück zu vollbringen.
- Wie hast du dich gefühlt, als beim ersten NFL-Spiel in München im November 2022 rund 70.000 Fans „Country Roads“ in der Allianz Arena gesungen haben?
Das war ein absoluter Gänsehautmoment. Es war schon unfassbar genug, dass die NFL nach München kam – zu uns nach Hause. Aber als ich dann an der 50-Yard-Linie saß und kommentierte, war das ein emotionales Highlight. Die Chance zu haben, Tom Brady live zu sehen, war schon etwas ganz Besonderes. Als dann die ganze Arena „Country Roads“ gesungen hat, war das einfach atemberaubend. Nicht ohne Grund gingen Videos davon vor allem in den USA viral. Es war ein Moment, der mir für immer in Erinnerung bleiben wird.
- Wenn du dich zwischen der Karriere als American-Football-Coach und der Karriere als TV-Expertin entscheiden müsstest, wofür würdest du dich entscheiden und warum?
Zum Glück muss ich diese Entscheidung nicht treffen. In meinem Herzen bin ich in erster Linie Football-Coach. Ich möchte jede Gelegenheit nutzen, um mich weiterzuentwickeln und ein besserer Coach zu werden. Es gibt noch so viel zu lernen, und das reizt mich unheimlich. Gleichzeitig macht mich diese Erfahrung auch zu einer besseren TV-Expertin. Beide Rollen gehen Hand in Hand und ergänzen sich wunderbar. Daher bin ich froh, dass ich beide Wege gleichzeitig gehen kann.